Internationaler Markt
Gegen den Trend der letzten Wochen sprangen die Rohölpreise gestern um über drei Prozent nach oben. Der Auslöser kam aus einer Richtung, die mit dem Ölmarkt normalerweise nichts zu tun hat, nämlich dem britischen Devisen- und Anleihenmarkt. Er steht seit letzter Woche auf sehr wackeligen Füßen, nachdem die neue britische Regierung ein geradezu aberwitziges Steuersenkungsprogramm für Reiche angekündigt hatte. Praktisch alle Finanzinstitutionen weltweit sind fassungslos und sparen nicht mit Kritik.
Das britische Pfund ging in den freien Fall über. Auch die Risiken in den Anleihenmärkten wurden immer größer. Immer mehr Anleger flohen in den “sicheren Hafen”, also den Dollar. Der Dollar stieg und machte dadurch Öl für alle anderen Währungsräume immer teurer.
Die britische Zentralbank musste rasch eingreifen und zog die Notbremse. Sie kündigte an, britische Anleihen ohne Limit zu kaufen. Die Finanzmärkte atmeten auf. Der Dollar sank und der Ölpreis stieg. Nur ist damit das “Quantitative Easing”, also die Politik des billigen Geldes, in Großbritannien wieder zurück. Das passt nun so gar nicht zu den hohen Inflationsraten und den weltweit steigenden Zinsen. Die neue Premierministerin und ihr Finanzminister haben sich damit in Rekordzeit in eine Sackgasse manövriert.
Der Auftrieb der Ölpreise bekam am späteren Nachmittag zusätzlichen Schub, als der übliche Wochenbericht des amerikanischen Energieministeriums (DOE) veröffentlicht wurde. Wider Erwarten schrumpfen die gewerblichen Rohöl- und Produktlager, obwohl erneut knapp 5 Mio. Barrel aus den staatlichen Rohölreserven auf den Markt geworfen wurden.
Hinzu kam, dass die heimische Ölproduktion nach ersten Schätzungen leicht zurückging. Das könnte sich nächste Woche wiederholen, da einige große Offshore-Plattformen wegen des Hurrikans Ian vorsorglich stillgelegt wurden. Überraschend stark war dagegen die geschätzte Ölnachfrage.
Alles zusammen verstärkt den Eindruck, dass die Lage im Ölmarkt angespannter sein könnte, als es die fallenden Preise der letzten Woche vermuten lassen. Die meisten Beobachter erwarten dennoch, dass das Ölkartell OPEC+ in der nächsten Woche kräftige Förderkürzungen beschließen wird.
Hier die Zahlen der Wochenberichte von DOE und API und die Veränderungen gegenüber der Vorwoche:
Rohöl: -0,2 Mio. Barrel (DOE) bzw. +4,2 Mio. Barrel (API)
Heizöl und Diesel: -2,9 Mio. Barrel (DOE) bzw. +0,4 Mio. Barrel (API)
Benzin: -2,4 Mio. Barrel (DOE) bzw. -1,0 Mio. Barrel (API)
Ölproduktion: 12,0 Mio. Barrel pro Tag (0,9 Mio. über Vorjahreswert)
Nachfrage (4-Wochen-Durchschnitt): 19,7 Mio. Barrel pro Tag (0,6 Mio. unter Vorjahreswert)
Am heutigen Morgen geht es mit den Ölpreisen leicht abwärts. Der Dollar hat sich von seinem gestrigen Schwächeanfall erholt. Die Nordseesorte Brent kostet aktuell 88,53 US-Dollar je Barrel
Nationaler Markt
Die Heizölpreise folgen heute Morgen den internationalen Vorgaben nach oben. Neben Rohöl hat vor allem das Vorprodukt Gasoil gestern stark an Wert gewonnen. Die Heizölpreis-Tendenz zeigt jetzt wieder einen landesweiten Durchschnittspreis von 156 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter).
Die Bestellmengen halten sich dennoch seit Wochen auf einem sehr hohen Niveau. Der nahe Winter, die offensichtlichen Versorgungsrisiken bei der Heizölversorgung, sowie der Rückgang der Heizölpreise in den letzten Wochen haben wohl dazu beigetragen.
Das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, steht dazu passend auf einer hohen Stufe. Auch die Zahl der Preisoptimisten hält sich in Grenzen. Knapp zwei Drittel der Voten können sich demnächst fallende Heizölpreise vorstellen. Das ist im historischen Vergleich ein eher geringer Anteil.
Die relativ niedrigen internationalen Rohölpreise können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Risiken im deutschen Heizölmarkt nach wie vor sehr hoch sind. Das gilt für die Mengen und die Preise gleichermaßen.
Daher gilt nach wie vor: Nichts ist billiger als Heizöl, das nicht verbrannt werden muss. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch und überdenken Sie Ihr Heizverhalten und ihre Heizlösung. Die Verbraucherzentralen halten zahlreiche nützliche Tipps bereit. Das senkt die Kosten und schont Klima und Umwelt.