Internationaler Markt
Die Rohölpreise legten gestern erneut leicht zu. Brent-Rohöl steht heute Morgen bei etwas über 76 Dollar je Barrel. Fallende Lagerbestände in den USA und ein schwacher Dollar stützen die Preise, während Warnungen der US-Zentralbank vor Risiken im Bankensystem die Stimmung dämpften.
Preise deutlich unter 80 Dollar sind bestimmt nicht das, was sich Ölproduzenten und Hedgefonds für dieses Jahr vorgestellt haben. Selbst die Daueroptimisten der Investmentbank Goldman Sachs haben das Handtuch geworfen und rechnen nicht mehr damit, dass der Rohölpreis bis zum Jahresende dreistellig werden kann.
Das zeigt sich auch bei den Statistiken zur Ölspekulation. Besonders bei amerikanischen Ölsorten liegt die Zahl der (Netto-)Wetten auf steigende Ölpreise mittlerweile auf einem Rekordtief. Die Bankenkrisen und steigende Zinsen machen das Jonglieren mit großen Krediten immer teurer und waghalsiger.
Gewinne wurden zuletzt ganz woanders gemacht. Der Ölhandel hat bekanntlich viele lukrative Nischen, die halbseidene private und staatliche Trader anzieht. Aber als Staatskonzern Schritt für Schritt 21 Mrd. Dollar zu verlieren, ohne Gegenmaßnahmen zu ergreifen, ist auch für den Ölmarkt eine spektakuläre Fehlleistung.
Das bedauernswerte Kunststück gelang PDVSA, dem staatlichen Ölkonzern in Venezuela. Er sitzt auf offenen Forderungen über 21 Mrd. Dollar an Händler aus aller Welt, die venezolanisches Öl, teils unter dem Radar der US-Sanktionen, in alle Welt verkauft haben. Die Einnahmen kamen jedoch nie in Caracas an. Bestechung und Korruption erleichterten offenbar den Betrug. Erst jetzt wurden der Energieminister entlassen und zahlreiche Beamte verhaftet.
Weniger spektakulär, aber ebenfalls überraschend fiel der gestrige Wochenbericht zum amerikanischen Ölmarkt aus. Er stützte die Preise deutlich stärker als erwartet. Die Rohölvorräte legten nur leicht zu, während die Lagerbestände bei Heizöl/Diesel und vor allem bei Benzin kräftig fielen. Bei der heimischen Ölförderung und bei der geschätzten Ölnachfrage gab es keine großen Verschiebungen.
Hier die Veränderungen der Ölvorräte in den USA im Vergleich zur Vorwoche. Die Zahlen stammen aus den Wochenberichten des Energieministeriums (DOE) und des Branchenverbandes API:
Rohöl: +1,1 Mio. Barrel (DOE) bzw. +3,3 Mio. Barrel (API)
Heizöl und Diesel: -3,3 Mio. Barrel (DOE) bzw. -1,8 Mio. Barrel (API)
Benzin: -6,4 Mio. Barrel (DOE) bzw. -1,1 Mio. Barrel (API)
Ölproduktion in den USA: 12,3 Mio. Barrel pro Tag (0,7 Mio. über Vorjahreswert)
Ölnachfrage in den USA (4-Wochen-Durchschnitt): 19,7 Mio. Barrel pro Tag (1,3 Mio. unter Vorjahreswert)
Der morgendliche Ölhandel startet verhalten. Die Nordseesorte Brent kostet im frühen Handel 76,16 US-Dollar je Barrel
Nationaler Markt
Heizöl bleibt vorerst knapp unter 100 Euro. Die Heizölpreis-Tendenz zeigt am Morgen einen landesweiten Durchschnittspreis von 98 bis 99 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter). Der leichte Anstieg der internationalen Rohölpreise wird im Moment durch den starken Euro ausgeglichen.
Die Bestelleuphorie der letzten Tage ist inzwischen abgeklungen. Aber noch immer hält sich die Zahl der Bestellungen auf einem überdurchschnittlichen Niveau.
Das mathematische Tiefpreis-System rät weiter zum Kauf. Das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, steht hingegen nur noch auf der mittleren Stufe. Auch die tägliche Lesereinschätzung zeigt, dass der überbordende Preisoptimismus etwas schwächer geworden ist. Knapp 80% der Stimmen setzen auf fallende Heizölpreise.
Für den Moment haben die Bankenkrisen ihren Schrecken für den Ölmarkt verloren. Das spricht für eine Stabilisierung der Ölpreise. Aber der Ölmarkt wirkt weiterhin gut versorgt. Die russischen Rohölexporte laufen anscheinend auf einem fast unveränderten Niveau weiter und drücken durch ihre hohen Rabatte weltweit auf das Preisniveau. Das kann sich aber jederzeit ändern.
Nach wie vor gilt daher: Nichts ist billiger als Heizöl, das nicht verbrannt wird. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch und überdenken Sie Ihre aktuelle Heizlösung, auch vor dem Hintergrund der Klimakrise. Die Verbraucherzentralen halten zahlreiche Tipps und Empfehlungen bereit.