Internationaler Markt
Ähnlich wie gestern liegen die Preise für Rohöl heute Morgen bei knapp 120 Dollar je Barrel. Der Aufwärtstrend stockt seit Tagen. Aber selbst dieser Stillstand gibt wenig Anlass zur Entspannung, denn in den meisten anderen Märkten macht sich allmählich Panik breit. Die Aktienmärkte brachen gestern in Europa und in den USA um etwa drei Prozent ein.
Vor allem der Zinsschock vom Mittwoch wirkt nach. Er zeigt ein Dilemma der Geldpolitiker, das eng mit den Preisen für Öl, Gas, Kohle und Strom zusammenhängt. Höhere Zinsen entschärfen normalerweise die Inflation, weil sie die Konjunktur abbremsen. Doch die Ursachen der Rekordpreise für Öl oder Gas liegen außerhalb der Reichweite der Zentralbanker. Der dämpfende Effekt der Zinsen könnte also verpuffen, während gleichzeitig die Gefahr einer hausgemachten Rezession steigt.
Das gilt vor allem für Länder, die sich gerade erst von der Corona-Pandemie erholen, und besonders für hochverschuldete Schwellen- und Entwicklungsländer, die nun ebenfalls die Zinsen anheben müssen, um ihre Währung zu stabilisieren. Selbst die USA, die vor kurzem noch ein konjunktureller Schnellzug waren, bremsen nun im Rekordtempo Richtung Rezession.
Vor diesem Hintergrund sollten die Ölpreise eigentlich rasch fallen. Gestern waren sie auf dem besten Weg dahin. Brent-Rohöl sank bis 116 Dollar je Barrel.
Doch dann verkündete Washington verschärfte Sanktionen gegen den Iran. Teheran fühlte sich angesichts der hohen Ölpreise auf der sicheren Seite, die langwierigen Atomverhandlungen zu seinen Gunsten zu drehen. Doch die Rechnung scheint nicht aufzugehen. Die neuen Maßnahmen sollen vor allem die Iranischen Revolutionsgarden treffen, ein krimineller Staat im Staat mit weitreichenden Wirtschaftsinteressen.
Was wie eine konsequente Außenpolitik wirkt, bekommt jedoch an anderer Stelle Risse. Präsident Biden steht innenpolitisch wegen der hohen Tankstellenpreise enorm unter Druck. Er könnte daher schon bald zu einer Reise nach Saudi-Arabien aufbrechen. Das käme einem diplomatischen Freispruch für den saudischen Herrscher bin Salman gleich. Biden hatte das bisher vermieden, nicht zuletzt wegen der von Riad angeordneten brutalen Ermordung des Journalisten Khashoggi im saudischen Konsulat in der Türkei, die vor allem in den USA Entsetzen ausgelöst hatte.
Gleichzeitig melden die USA nun plötzlich Bedenken gegenüber der EU-Sanktionspolitik an. Ein geplantes Versicherungsverbot für Tanker mit russischem Öl könnte Moskaus Ölexporte so hart treffen, dass die globalen Ölpreise erneut steil ansteigen. Auch hier ist Washington das innenpolitische Hemd näher als die geopolitische Hose.
Dieses Motto gilt am heutigen Morgen auch für die Trader. Sie bleiben vorsichtig, rechnen aber weiterhin mit anhaltend hohen oder sogar steigenden Ölpreisen. Eine Verkaufswelle ist trotz des Zinsschocks nicht in Sicht. Die Nordseesorte Brent kostet aktuell 119,69 US-Dollar je Barrel
Nationaler Markt
Die deutschen Heizölpreise ziehen auch heute an. Die Heizölpreis-Tendenz zeigt am Morgen einen landesweiten Durchschnittspreis von knapp 149 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung von 3000 Liter.
Wieder einmal lässt sich der Anstieg nicht nur durch die Einkaufspreise der Raffinerien, also den Rohölpreis, erklären. Brent-Rohöl kostet genauso viel wie gestern und der Euro ist gegenüber gestern sogar gestiegen. Doch die Raffinerien haben dennoch den Preis für Gasoil, das Vorprodukt von Heizöl/Diesel, erhöht. Da die Heizölhändler ihre Margen konstant halten wollen, steigt der Heizölpreis.
Ein Käuferstreik ist dennoch nicht in Sicht. Die Bestellaktivität ist überschaubar, aber nicht mehr so gering wie in den Vorwochen. Einige Haushalte resignieren angesichts der stabil hohen Preise, andere haben nicht mehr viel im Tank. Diese Haltung zeigt sich auch beim Schwarm-O-Meter, das eine mittlere Kaufbereitschaft der Heizölkunden nach Preisanfragen misst.
Die tägliche Lesereinschätzung zeigt den schwindenden Optimismus. Nur noch 57 Prozent der Voten können sich einen Rückgang der Heizölpreise vorstellen. Das ist ein weit unterdurchschnittlicher Anteil.
Was tun? Die Heizölpreise sind auf Rekordniveau, aber dennoch kann es keine Entwarnung geben. Weitere Preiserhöhungen sind jederzeit möglich. Selbst ein Lieferstopp Russlands kann nicht ausgeschlossen werden, wie man am Gasmarkt in dieser Woche beobachten kann. Ein Ende der Ölmarktkrise ist nicht in Sicht. Wer kann, sollte langfristig über andere Heizlösungen nachdenken.
Doch kurzfristig gilt: Nichts ist billiger als eingespartes Heizöl. Entwickeln Sie verbrauchsreduzierende Maßnahmen und Verhaltensweisen, um Ihre Kosten zu senken und die Umwelt zu schonen.