Internationaler Markt
Die Energiemärkte haben seit Herbst 2020 eine niemals erwartete Preissteigerung erlebt. Am Anfang der Bewegung standen die ersten Meldungen über Impfstoffe gegen das Corona-Virus, die die Aussicht auf eine schnelle Erholung der pandemiegeschädigten Weltwirtschaft eröffneten. Am vorläufigen Ende der Bewegung steht ein Krieg in Europa, der eine neue Weltordnung erzwingt. Wir erleben die Renaissance des politischen Blockdenkens mit undurchlässigen Grenzlinien. In der Pandemie zeigte die Globalisierung der letzten dreißig Jahre ihre Nachteile. Nun muss sie vollkommen neu gedacht werden. Zuerst erwies sich die Beschaffung von pharmazeutischen Produkten als dysfunktional. Es folgten Microchips und diverse Halbzeuge. Jetzt wird uns mit einem preislichen Paukenschlag vorgeführt, dass der globale Energiemarkt nicht mehr in die Zeit passt.
Die globalen Beziehungen und Lieferketten neu zu auszurichten, ist weit wichtiger, als in das Tagesgeschehen eines verheerenden Krieges zu investieren. Die EU kommt nicht umhin, sich strategisches Denken zu eigen zu machen. Für den Energieträger Öl ist das keine Herkulesaufgabe, wie ich im gestrigen Kommentar skizziert habe. Im Falle von Gas liegen die Hürden weit höher. Noch schwieriger wird es sein, die Bedarfsseite anzupassen. Das religiös anmutende Paradigma vom ewigen Wirtschaftswachstum muss aufgegeben werden. Unsere Kultur benötigt eine fundamentale Erneuerung. Dabei müssen alle Menschen in den jeweiligen Gesellschaften mitgenommen werden, andernfalls droht ihre Hinwendung zu weiteren autokratischen Exzentrikern und das Ende der Demokratien.
Die extrem gestiegenen Ölpreise können als Weckruf verstanden werden. Man kann den Ball auch etwas flacher halten und sie als temporären Exzess betrachten. Die Preise sind das Produkt aus gezielter putinscher Kommunikation und dem Drang nach dem schnellen Geld von Finanzjongleuren. Öl hat sich zwar, wie Gas und Kohle auch, zu einem knappen Produkt entwickelt. Es geht dem Markt aber keinesfalls aus. Auf der Sollseite haben wir es mit dem Wert von sieben Prozent des Weltbedarfs zu tun, den Russland nicht mehr liefern soll oder will. Auf der Habenseite liegt die Zweiprozentmöglichkeit des Irans. Eine Einigung zur Wiederaufnahme des Gottesstaats in den Kreis der Öllieferanten ist möglich. Sie wird aktuell durch ein Mitspracherecht Russlands blockiert. Eine weitere Zweiprozentmöglichkeit oder etwas mehr liegt in der Schieferölindustrie der USA. Sie befindet sich nach ihrem Crash am Beginn der Pandemie im Hochlauf und kann noch einige Jahre hinreichend Öl hervorbringen. Zwei Prozent und mehr wird die OPEC ebenfalls beisteuern können, wenn sie es denn will. Das sieht derzeit zwar nicht so aus, ist aber sicher entwickelbar.
Auf der Habenseite liegen zudem Ölmengen, die durch eine Umorientierung von China, Indien und anderen Verbraucherländern zu russischem Öl frei werden. Russland ist nicht in der Lage, seine fossile Energie längerfristig vom Verkauf auszuschließen. Dazu fehlen dem Land die ökonomischen Alternativen. Die zu entwickeln, stand nicht auf der Agenda des strategisch denkenden Staatsführers. Irgendwo kommt dieses Öl zum Einsatz, nicht als zusätzlicher Energieträger, sondern als preiswerter Ersatz für bereits existierendes Öl.
Die Ölpreise können in der Hitze des Gefechts weiter steigen. Sie werden aber mit Sicherheit wieder zurückkommen. Es sollte mich nicht wundern, wenn wir eines Tages feststellen werden, dass wir beim Öl gerade keine Versorgungs-, sondern nur eine Preiskrise hatten. Das wäre die Analogie zur Ölkrise von 1973.
Heute Morgen schwingen die Börsennotierungen für Öl vergleichsweise moderat seitwärts. Es wirkt wie das Warten auf neue Impulse. Die können sie dann auf- oder abtreiben. Das zu prognostizieren ist ein reines Wettspiel.
Das Barrel WTI (West Texas Intermediate) wird aktuell zu 121,38 Dollar
Nationaler Markt
Die Heizölpreise befinden sich an einem historischen Hoch. Gegenüber gestern haben sie sich kaum noch bewegt, wie der aktuellen Heizölpreis-Tendenz im kurzen Zeitbereich zu entnehmen ist. Ob es sich um eine Aufstiegspause oder einen Umkehrpunkt der Preise handelt, muss sich noch herausstellen.
Die heimischen Heizölpreise sind nicht zuletzt so teuer, weil sie gegenwärtig eine außerordentlich hohe Kostenreserve beinhalten. Die benötigt der Handel, um gegen die extremen Preisbewegungen von außen abgesichert zu sein. Denn zwischen der Kundenbestellung und dem Bezug der Ware durch den Handel kann eine weitere Preiskatastrophe eintreten. Dieses Geschäftsmuster trifft nicht auf alle Händler zu. Einige haben sich rechtzeitig mit großen Mangen günstiger Ware eingedeckt.
Der Binnenmarkt für Heizöl ist trotz der explodierenden Preise außerordentlich belebt. Bestellt wird aus Sorge vor stetiger Teuerung oder aufgrund einer Vorratsnot. Die Hoffnung auf tiefere Preise ist an der Realität zerplatzt. Unser Schwarm-O-Meter für Heizöl, das die Käufe der Kunden ins Verhältnis zu ihren Preisanfragen setzt, und die Lesereinschätzung zur Preisentwicklung zeigen die Befindlichkeit der Kunden entsprechend an. Das eine steht heute Morgen auf hohem Niveau für die Kaufintensität, das andere einem extremen Minderheitswert für die Erwartung auf fallende Heizölpreise.
Unser Satz an alle Unentschlossenen lautet: Die Preise werden zu gegebener Zeit wieder runterkommen. Unabhängig davon sollten Sie jetzt aber tun, was Sie zu Ihrer Beruhigung als Vorbereitung auf eine veritable Krisenzeit tun müssen.
Klarstellung: Seit einiger Zeit nehmen wir Missverständnisse der öffentlichen Meinung über die Zukunft der Ölheizung wahr. Deshalb möchten wir darauf hinweisen, dass das Heizen mit Öl durch den Gesetzgeber nicht verboten ist, weder jetzt noch in Zukunft und auch nicht ab 2026. Ab dem Jahr müssen neue Ölheizungen lediglich mit einem regenerativen Anteil ausgestattet sein, beispielsweise mit Solarkollektoren für die Erwärmung von Brauchwasser. Weitere Informationen.
Im Übrigen sind wir mehr denn je der Meinung, dass wir alle verbrauchsreduzierende Maßnahmen und Verhaltensweisen entwickeln müssen, um zukunftsfähig zu sein.