Internationaler Markt
Die Versorgungslage am Ölmarkt sei latent knapp, heißt es immer wieder. Das häufige Wiederholen dieser These steigert keinesfalls ihren Wahrheitsgehalt. Die freundliche Preisentwicklung der letzten Wochen gibt sogar hinreichend Grund, daran zu zweifeln. Als einigermaßen verbindlicher Indikator in der Sache gilt die Entwicklung der Vorräte in den öffentlichen Öllagern. Sie zeigt, ob Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht sind oder ob Lagerkapazitäten beansprucht werden, um das Gleichgewicht herzustellen. Wie es um die Vorräte in den USA steht, wird wöchentlich durch das regierungsamtliche DOE (Department of Energy) und das verbandschaftliche API (American Petroleum Institute) erhoben und kundgetan. Damit liegt ein leidlich belastbares Datenfragment vor.
In der letzten Berichtswoche stieg die Nachfrage nach Angabe des DOE signifikant an. Ein wesentlicher Treiber war dabei der Benzinbedarf. Er führte prompt zu einer Abnahme der nicht gerade üppigen Lagerbestände. In den Daten des API findet man diese noch nicht. Derartige Unstimmigkeiten sind normal. Sie zeigen, dass das die Erhebungen nicht auf umfassenden Rohdaten basieren, sondern datenreduzierenden Modellrechnungen folgen. Die Nachfrage nach Heizöl und Diesel war relativ gering und ließ leichten Lageraufbau zu. In den Rohöldaten des DOE kommt die Differenz zwischen Im- und Exporten zum Ausdruck. Es wurde mehr Rohöl eingeführt als ausgeführt. Auch dieser Umstand wird vom API konträr gesehen. Im Mittel über zwei bis drei Wochen sind die Ergebnisse der beiden Institutionen gleichwohl ähnlich. Im Einzelnen lauten die Zahlen wie folgt:
Rohöl: +0,7 Mio. Barrel (DOE) bzw. -1,3 Mio. Barrel (API)
Heizöl und Diesel: +0,3 Mio. Barrel (DOE) bzw. +0,0 Mio. Barrel (API)
Benzin: -3,1 Mio. Barrel (DOE) bzw. +0,5 Mio. Barrel (API)
In Summe ergibt sich ein Abbau von 2,1 (DOE) bzw. 0,8 (API) Mio. Barrel gegenüber der Vorwoche. Dieser Abbau resultiert ausschließlich aus der Betrachtung der sogenannten Hauptprodukte Rohöl, Heizöl, Diesel und Benzin. Bezieht man die Nebenprodukte mit ein, beträgt der Abbau gemäß DOE 9,6 Mio. Barrel. Der Wert ist ein klares Indiz für Versorgungsknappheit.
Die Eindeutigkeit der Lage gilt für die USA und gibt einen Ausblick auf die westliche Welt. Dem steht die Situation in China gegenüber, wo aufgrund der Corona-Einschränkungen Minderverbräuche und Lagerüberschüsse vorliegen. Diese werden derzeit vermarktet. Sie mindern die Knappheit auf globaler Ebene. Von der Beendigung der Schutzmaßnahmen gegen das Virus wird ein deutlicher Anstieg der Ölnachfrage erwartet. China sollte also in Kürze vom zufälligen Produktenexporteuer zum Importeuer zurückkehren und die Angebots-Nachfrage-Bilanz in Richtung Knappheit verschieben. Das zumindest ist die Theorie. Die Praxis wird von der realen Entwicklung der Pandemie bestimmt. Über ihren Verlauf in China herrscht hohes Unwissen.
Die Idee, exakte Kenntnis zu Angebot und Nachfrage über simple Mengenzählung zu erlangen, ist so bestechend wie unrealistisch. Sie scheitert bereits an der Qualität der Daten. Diese sind sachlich gut oder schlecht erhoben und sie werden wahrhaftig oder arglistig widergegeben. Wirklich hilfreich wären sie für prognostische Zwecke, um Marktveränderungen zu antizipieren. Zu derartigen Veränderungen existiert üblicherweise aber kein Wissen, sondern lediglich ein Annahmenzoo. Das ist derzeit hinsichtlich des russischen Ölangebots und der globalen Nachfrage in rezessiver Konjunktur besonders deutlich. Ohne weiter ins Detail zu gehen, sollte es einleuchten, dass die meisten Aussagen zum Ölmarkt in erster Linie spekulativer Natur sind. Jede Situationsbestimmung hinterlässt ein berechtigtes Fragezeichen.
Eine Ausnahme stellt die Feststellung dar, dass die Keystone-Pipeline zwischen Kanada und den USA wieder in Betrieb gegangen ist. Sie mindert das bullische Inventar des Markts verlässlich. Man kann die entsprechende Quantität allerdings nicht bestimmen.
Die Ölbörsen spiegeln die skizzierte Lage indem sie die Notierungen zwar bewegen aber kaum von ihrem Niveau entfernen. Mit anderen Worten sie schwingen seitwärts.
Das Barrel WTI (West Texas Intermediate) wird aktuell zu 78,67 Dollar
Nationaler Markt
Die Heizölpreise setzen ihren Verlauf entlang der oberen Grenze des kurzfristigen Abwärtstrends fort, wie dem 3-Monats-Zeitraum der aktuellen Heizölpreis-Tendenz zu entnehmen ist. Dabei haben sie den Trendkanal ein wenig aufwärts verschoben, ohne diesen infrage zu stellen. Eine Trendwende ist in keinem Zeitintervall zu befürchten. Dafür sind die globalen Rezessionssorgen und die Unsicherheit über die Entwicklung Chinas hinsichtlich der Corona-Pandemie derzeit viel zu groß.
Aufgrund der aktuellen Preisbewegung ist das Bestellaufkommen im Hausbrandgeschäft übersichtlich. Anders steht es um die Hoffnungen auf günstigere Heizölpreise. Sie blüht. Unser Schwarm-O-Meter für Heizöl, das die Käufe der Kunden ins Verhältnis zu ihren Preisanfragen setzt, und die Lesereinschätzung zur Preisentwicklung zeigen die Befindlichkeit der Kunden entsprechend an. Das eine steht heute Morgen auf mittlerem Niveau für die Kaufintensität, das andere auf einem starken Mehrheitswert für die Erwartung für fallende Heizölpreise.
Unser Satz an alle Unentschlossenen lautet: Verfolgen Sie die Preisentwicklung eng, um sich gegebenenfalls in einem günstigeren Moment eindecken zu können.
Klarstellung: Seit einiger Zeit nehmen wir Missverständnisse der öffentlichen Meinung über die Zukunft der Ölheizung wahr. Deshalb möchten wir darauf hinweisen, dass das Heizen mit Öl durch den Gesetzgeber nicht verboten ist, weder jetzt noch in Zukunft und auch nicht ab 2026. Ab dem Jahr müssen neue Ölheizungen lediglich mit einem regenerativen Anteil ausgestattet sein, beispielsweise mit Solarkollektoren für die Erwärmung von Brauchwasser. Weitere Informationen.
Im Übrigen sind wir mehr denn je der Meinung, dass wir alle verbrauchsreduzierende Maßnahmen und Verhaltensweisen entwickeln müssen, um zukunftsfähig zu sein.