Internationaler Markt
China braucht sehr viel Öl. Dennoch verzichtet das Land auf Lieferungen aus Saudi-Arabien. Sie sind den Importeuren nach der jüngsten Preiserhöhung offensichtlich zu teuer geworden. Die Haltung muss man sich leisten können. Finanzjongleure orakelten gestern Früh in einer ersten Einschätzung, dass der Markt besser versorgt ist als gedacht und dass der chinesische Öldurst zuletzt überschätzt wurde. Sie schickten die Ölpreise abwärts.
Die Bewegung hielt nicht lange durch. Gegen Mittag setzten Konjunkturoptimisten den Aktienmärkten bullische Hörner auf. Als dann auch noch bekannt wurde, dass die russische Ankündigung, die Ölexporte um eine halbe Million Barrel pro Tag zu kürzen, tatsächlich vollzogen wird, war der Damm gebrochen. Die Ölnotierungen legten im weiteren Tagesverlauf ordentlich zu. Nach Europa liefert Russland ohnehin kein Öl mehr. Die preistreibende Information ist, dass nun auch die gewachsenen Exporte nach Asien zurückgefahren werden. Man beginnt zu glauben, dass die Russen ihr Kürzungsziel bis August realisieren. Das ist aus Versorgungssicht keine gute Nachricht. Fatih Birol, Chef der Internationalen Energie Agentur (IEA), könnte also mit seiner Meinung über ein knappes Ölangebot im zweiten Halbjahr 2023 richtig liegen, sogar trotz einer uninspirierten chinesischen Nachfrage.
In die gleiche Richtung weisen die neuen Zahlen im gestern erschienenen Monatsbericht der US-Energiebehörde (EIA). Die Nachfrage wird im Jahresverlauf höher ausfallen als das Angebot. Das wird bereits im begonnenen dritten Quartal zu Versorgungsproblemen führen. Im kommenden Jahr soll sich die Lage weiter zuspitzen. Deshalb werden die globalen Ölbestände in den kommenden fünf Quartalen höchstwahrscheinlich zurückgehen.
Mit oder ohne Chinas Wirtschaft als treibender Kraft sehen Analysten den Ölbedarf der nahen Zukunft wachsen. Das gebietet allein die Reisefreude in den Industrienationen. Aus den USA kommen derweil verstörende Meldungen aus den Tanklagern. Im Wochenbericht des American Petroleum Institute (API) finden sich plötzlich erhebliche Aufbauten in allen Kategorien. Rohöl, Diesel, Kerosin, Heizöl und Benzin legten in Summe gegenüber der Vorwoche um 6,9 Millionen Barrel zu. Bevor diese Information in die Preise eingeht, wird sie mit den heute Nachmittag zur Veröffentlichung anstehenden Daten des regierungsamtlichen Department of Energy (DOE) abgeglichen.
Von anderem aber außerordentlich gewichtigen Interesse sind die finalen Daten zur Entwicklung der US-Verbraucherpreisinflation im Juni, die heute erscheinen. Man geht davon aus, dass die jährliche Inflationsrate im vergangenen Monat wieder signifikant gesunken ist. Wenn das bestätigt wird, wird dem Glauben an das nahende Ende der Zinsanhebungen in den USA Flügel verliehen. Das dürfte die bullische Stimmung zu den Ölpreisen nicht minder beflügeln.
An den Börsen halten sich die Ölnotierungen heute Morgen auf hohem Niveau, was das Aufwärtspotenzial keineswegs mindert. Im Gegenteil, der Höhenlauf kann zu einer selbst erfüllenden Prophezeiung werden.
Das Barrel WTI (West Texas Intermediate) wird zu 74,97 Dollar
Nationaler Markt
Die Heizölpreise schlagen sich angesichts der bullischen Vorgaben des internationalen Markts wacker, wie der aktuellen Heizölpreis-Tendenz zu entnehmen ist. Im Verlauf der letzten Woche legten sie spürbarer zu. Ihre Bewegung findet dennoch in den Schranken der gültigen Trendkanäle statt. Diese weisen in den relevanten Zeitbereichen mehrheitlich abwärts. Im 3-Monats-Chart verläuft der Kanal indes schon seitwärts. Er repräsentiert die zu erwartenden Trends der verschiedenen Zeitbereiche vermutlich realistischer. Mittlerweile rückt sogar ein Aufwärtstrend in den Rahmen der Möglichkeiten. Die Vorgaben des Weltmarkts und mehr noch die sich verschlechternden Transportbedingungen auf den deutschen Wasserstraßen infolge niedriger Pegelstände machen es möglich.
Das Bestellaufkommen im Binnenmarkt ist verhalten. Die Hoffnung auf günstigere Heizölpreise steigt derweil konträr zur Börsenstimmung der Ölszene. Unser Schwarm-O-Meter für Heizöl, das die Käufe der Kunden ins Verhältnis zu ihren Preisanfragen setzt, und die Lesereinschätzung zur Preisentwicklung zeigen die Befindlichkeit der Kunden entsprechend an. Das eine steht heute Morgen auf mittlerem Niveau für die Kaufintensität, das andere auf einem ordentlichen Mehrheitswert für die Erwartung für fallende Heizölpreise.
Unser Satz an alle Unentschlossenen lautet: Wenn Ihr Tank Platz bietet, sollten Sie Heizöl kaufen.
Der Gesetzentwurf zur Zukunft der Heizungen hat nach Nachbesserungen bis zur Unkenntlichkeit seinen Schrecken verloren. Erschreckend ist nur der Prozess der Gesetzesentwicklung. Hier wurde mit wenig Verständnis für die Komplexität der Angelegenheit und in nicht nachvollziehbarer Eile vorgegangen. Dafür bekam die Ampel nun die einstweilige höchstrichterliche Quittung.
Man kaprizierte sich unnötigerweise auf technische Belange, die bekanntermaßen nicht zur Kernkompetenz der Politik gehören und dennoch einen wesentlichen Teil der mehr als 170 Seiten umfassenden Novelle mit weiteren 110 Seiten Änderungstext ausmachen. Allein das Textvolumen beeindruckt negativ. Soziale und kommunikative Angelegenheiten, die den Kern politischer Arbeit darstellen sollen, bleiben zudem unterbelichtet. Gleichwohl geht der Klima- und Wirtschaftsminister davon aus, dass die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in der Fassung vom 30.06.2023 nach der Sommerpause durch das Parlament gewunken wird.
Eine Einladung an Besitzer von Bestandsimmobilien, im Habeckschen Sinn fortschrittlich zu handeln, wird diese Gesetzesnovelle mit Sicherheit nicht werden, zumal sie substanziell nicht mehr Klimaschutz verspricht als das bestehende Gebäudeenergiegesetz (GEG). Sie wird aber Sorge und Verunsicherung des betroffenen Personenkreises lindern, denn nun bleibt das Heizen mit Öl bis zum 31.12.2044 prinzipiell erlaubt. Über die exakten Bedingungen werden wir hier in Kürze informieren.
Im Übrigen sind wir mehr denn je der Meinung, dass wir alle verbrauchsreduzierende Maßnahmen und Verhaltensweisen entwickeln müssen, um zukunftsfähig zu sein.