Internationaler Markt
Brent fällt heute Morgen wieder unter die Marke von 100 Dollar je Barrel. Spekulanten lösen immer mehr Positionen auf, d.h. sie verkaufen ihre Wetten auf steigende Ölpreise.
Im physischen “realen” Ölmarkt liegen die Preise etwa fünf Prozent höher. Hier handelt man die Gegenwart, an der Ölbörse die Zukunft. Kurzfristig machen sich im europäischen Markt vor allem die libyschen Lieferausfälle bemerkbar. Dort ist im Moment keine Lösung der innenpolitischen Konflikte in Sicht. Am Horizont werden jedoch auch neue Lockdowns in China sichtbar. Das könnte schon bald wieder die globalen Lieferketten durcheinander bringen und den Verkehr in Chinas Metropolen ausbremsen.
Die Finanz- und Rohstoffbörsen sind ohnehin seit gestern noch nervöser geworden, denn die Inflation in den USA liegt jetzt bei 9,1 Prozent. Die Zentralbank der USA könnte darauf mit einem drastischen Zinsschritt nach oben antworten, um die Wirtschaft abzukühlen. Das würde dann auch die Nachfrage nach Öl bremsen.
Der aktuelle Monatsbericht der Internationalen Energieagentur (IEA) spiegelt die neue Lage bereits wider. Erneut wurde die Nachfrageprognose für dieses Jahr gekürzt. Gleichzeitig ist die Angebotslage entspannter als befürchtet, denn russisches Öl findet immer noch genügend Käufer. Die EU-Sanktionen werden, wenn überhaupt, erst ab dem Herbst Probleme erzeugen. Allerdings verdient Moskau mit Öl nicht mehr so viel wie früher. Von den 100 Dollar je Barrel fließen nach Abzug der enorm hohen Rabatte und der hohen Kosten nur noch 30-40 Dollar je Barrel in den Staatshaushalt.
Die Entspannung im Ölmarkt zeigt sich auch beim Wochenbericht aus dem US-Energieministerium. Die Rohölbestände wuchsen gegenüber der Woche erneut kräftig an: ein Plus von 3,3 Mio. Barrel. Auch bei Heizöl/Diesel und vor allem bei Benzin entspannte sich die Lage. Gleichzeitig war die Nachfrage unerwartet schwach.
Hier die Zahlen des US-Energieministeriums DOE und des Branchenverbandes API im Überblick (Vergleich zur Vorwoche):
Rohöl: +3,3 Mio. Barrel (DOE) bzw. +4,8 Mio. Barrel (API)
Heizöl und Diesel: +2,7 Mio. Barrel (DOE) bzw. +3,3 Mio. Barrel (API)
Benzin: +5,8 Mio. Barrel (DOE) bzw. +2,9 Mio. Barrel (API)
Ölproduktion: 12,0 Mio. Barrel pro Tag (0,6 Mio. über Vorjahreswert)
Nachfrage (4-Wochen-Durchschnitt): 19,8 Mio. Barrel pro Tag (0,8 Mio. unter Vorjahreswert)
Der Handelsauftakt ist heute Morgen in Europa eher schleppend. Die Nordseesorte Brent kostet aktuell 99,29 US-Dollar je Barrel
Nationaler Markt
Der Rückgang der Rohölpreise zieht am deutschen Heizölmarkt vorbei. Ganz im Gegenteil: Die Heizölpreis-Tendenz zeigt aktuell einen steigenden landesweiten Durchschnittspreis von knapp 150 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung von 3000 Liter.
Der Anstieg ist schwer zu rechtfertigen, denn neben Gasoil ist auch Diesel in den letzten Wochen deutlich billiger geworden. Nur das chemisch fast identische Heizöl bewegt sich gegen den Trend.
Der unerwartete Höhenflug der Heizölpreise hat die Stimmung bei den Verbrauchern stark eingetrübt. Das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, steht nur noch auf der mittleren Stufe. Das mathematische Tiefpreissystem bleibt auf einer neutralen Einstellung. Selbst der übliche Preisoptimismus musste Federn lassen: Nur noch zwei Drittel der Stimmen in der täglichen Lesereinschätzung rechnen mit einem Rückgang der Heizölpreise.
Auch politisch bläst dem Heizölmarkt der Wind ins Gesicht. Die Bundesregierung plant, den Einbaustopp für neue Öl- und Gasheizungen auf 2024 vorzuziehen. Allerdings ist noch unklar, wie die Vorschrift konkret aussehen wird, wenn sie die parlamentarischen Verfahren durchlaufen hat.
Für den Moment gilt jedoch: Die Heizölpreise sind derzeit stark nach oben verzerrt. Wer nur noch genug im Tank hat, sollte auf eine günstigere Kaufgelegenheit warten.
Doch generell gilt: Nichts ist billiger als Heizöl, das man nicht verbrennt. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch und überdenken Sie Ihr Heizverhalten. Das senkt die Kosten und schont Klima und Umwelt.