Internationaler Markt
In den letzten Stunden brachen die Rohölpreise schlagartig um drei Dollar je Barrel ein. Aktuell kostet ein Fass Brent-Rohöl nur noch knapp 72 Dollar. Auslöser ist eine Meldung in der normalerweise gut informierten Financial Times. Demnach will Saudi-Arabien sein „inoffizielles“ Preisziel von 100 Dollar je Barrel aufgeben und durch verstärkte Exporte verlorene Marktanteile zurückgewinnen.
Es wäre nicht das erste Mal, dass den Saudis der Kragen platzt und sie das Ruder in der OPEC schlagartig herumreißen. In den letzten Jahren hatten sie den größten Teil der Förderkürzungen im Kartell übernommen, während Russland, Irak und andere Länder, also die „Cheater“, vereinbarte Quoten nicht eingehalten haben. Vor allem die russischen Ölkonzerne beliefern mittlerweile die wichtigsten Kunden im saudischen „Hinterland“, also Indien und China, mit Dumpingpreisen und verdrängen dadurch die saudische Konkurrenz.
Im Moment ist es noch nicht möglich, die Tragweite dieses Kurswechsels einzuschätzen. Die Ölpreise sind im Moment vollständig in der Hand von Spekulanten, die nur auf kurze Sicht fahren und in wenigen Stunden wohl wieder aus dem Markt aussteigen. Bis dahin könnte deutlicher werden, wie stark der Strategiewechsel in Riad ausfallen wird.
Vor dieser Meldung waren die Ölpreise noch im Aufwind. Peking will der Krise im Immobilienmarkt und in der Bankenbranche nun doch stärker entgegentreten und kündigte massive Finanzhilfen an. Über ein Jahr hatte sich die KP China mit stärkeren Eingriffen zurückgehalten. Doch mittlerweile zeigen immer mehr Konjunkturdaten nach unten. Deflation, also fallende Preise, und der Vermögensschwund vieler privater Haushalte, die ihre Ersparnisse vor allem in Krediten für Immobilien angelegt haben, lähmen die Wirtschaft.
Jetzt hoffen die Ölhändler auf eine Belebung der Wirtschaft und höhere chinesische Ölimporte. Andererseits sind die Hauruckmaßnahmen Pekings jedoch auch ein Beleg dafür, dass es um die Wirtschaftslage in China tatsächlich nicht gut bestellt ist.
Auch die neuen Zahlen zum amerikanischen Ölmarkt verbesserten gestern die Stimmung an den Ölbörsen. Die Lagerbestände von Rohöl und den wichtigsten Ölprodukten fielen im Vergleich zur Vorwoche kräftig um insgesamt 8 Millionen Barrel. Allerdings blieb die Ölnachfrage nach wie vor unter den Erwartungen.
Hier die aktuellen Zahlen aus dem Wochenbericht des amerikanischen Energieministeriums (DOE) und des Branchenverbandes der Ölindustrie (API). Sie zeigen die Veränderung der Lagerbestände im größten Ölmarkt der Welt, die Rohölförderung und die Ölnachfrage:
Rohöl: -4,5 Mio. Barrel (DOE) bzw. -4,3 Mio. Barrel (API)
Heizöl- und Diesel: -2,2 Mio. Barrel (DOE) bzw. -1,1 Mio. Barrel (API)
Benzin: -1,5 Mio. Barrel (DOE) bzw. -3,4 Mio. Barrel (API)
Rohölförderung: 13,2 Mio. Barrel pro Tag (0,3 Mio. über Vorjahreswert)
Ölnachfrage (4-Wochen-Durchschnitt): 20,3 Mio. Barrel pro Tag (0,3 Mio. unter Vorjahreswert)
Der Trubel um den Strategiewechsel in Saudi-Arabien drängt im Moment andere Meldungen in den Hintergrund: Zwischen Israel und den Hisbollah-Terrormilizen könnte es zu einem Waffenstillstand kommen. Auch in Libyen stehen die Zeichen auf Entspannung. Und der Hurrikan Helene steuert weiterhin Richtung Florida und könnte zum bislang größten Wirbelsturm dieser Saison werden. Allerdings sind die Auswirkungen auf den Ölpreis unklar. Er wird vermutlich östlich an den Offshore-Anlagen vorbeiziehen und in weiten Teilen Floridas den Verkehr zum Erliegen bringen, also die Ölnachfrage verringern.
Eine Momentaufnahme am frühen Morgen zeigt starke Preisabschläge an den Ölbörsen: Brent-Rohöl kostet aktuell 71,73 US-Dollar je Barrel
Nationaler Markt
Der deutsche Heizölmarkt hat auf den Preiseinbruch an den Rohölbörsen noch nicht reagiert. Die Heizölpreis-Tendenz zeigt aktuell einen nur wenig veränderten landesweiten Durchschnittspreis von 93 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter).
Die Zahl der Bestellungen war in dieser Woche bislang eher gering. Doch das könnte sich mit den fallenden Preisen wieder ändern.
Auch die übrigen Indikatoren blieben bislang unverändert. Das mathematische Tiefpreis-System, das Preistrends auswertet, zeigt einen neutralen Wert. Das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, hält sich auf der zweithöchsten Stufe. Die tägliche Lesereinschätzung zeigt einen durchschnittlichen Preisoptimismus.
Sollten die ersten Meldungen aus Saudi-Arabien bestätigt werden, könnte sich der Preiseinbruch sogar noch beschleunigen und zu neuen Jahrestiefstpreisen führen. Doch im Moment ist die Lage unklar.
Jetzt gilt es, die Preise zeitnah zu verfolgen und die Angebote der Händler zu vergleichen.
In jedem Fall gilt jedoch: Nichts ist billiger und klimaschonender als Heizöl, das nicht verbrannt wird. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch und überdenken Sie Ihre aktuelle Heizlösung, auch angesichts der globalen Klimakrise und steigender CO2-Preise. Die Verbraucherzentralen halten zahlreiche Tipps und Empfehlungen bereit.