Internationaler Markt
Die Rohölpreise blieben auch gestern in der Nähe von 94 Dollar je Barrel. Der Abwärtstrend der letzten Monate hat offenbar eine Ruhepause eingelegt.
Bisher drückten vor allem makroökonomische Sorgen auf die Prognosen: Hohe Inflation, immer höhere Zinsen und immer schlechtere Konjunkturprognosen. Hinzu kamen jede Menge Lockdowns in China. Entsprechend düster schienen die Aussichten für die Ölverkäufer. Doch der Wind hat sich in den letzten Tagen etwas gedreht.
Einige Lockdowns in China können aufgehoben werden. Die Zahl der Neuinfektionen geht landesweit zurück. Auch drängeln sich jetzt wieder Angebotsprobleme in den Vordergrund. Ein Eisenbahnerstreik in den USA könnte die Ölversorgung in einigen Regionen durcheinanderwirbeln. Vor allem zwischen Kanada und seinem südlichen Nachbarn werden noch immer viele Produkte und Rohöl über die Schiene befördert. Das ist nicht ungefährlich, denn die Routen laufen nicht selten mitten durch die Stadtzentren.
Auch der aktuelle Monatsbericht der Internationalen Energieagentur (IEA) erwartet Probleme im Ölmarkt. Er hält seine Prognosen zur Ölnachfrage fast unverändert aufrecht. Der Effekt der schwachen Weltkonjunktur werde durch den Wechsel von Gas zu Öl im kommenden Halbjahr kompensiert. Für 2023 erwartet die IEA sogar einen sehr kräftigen Anstieg der Weltölnachfrage auf neue historische Rekordwerte.
Der Wochenbericht des amerikanischen Energieministeriums (DOE) zeigte dagegen widersprüchliche Trends. Trotz der Freigabe von 8,4 Mio. Barrel aus der nationalen Reserve stiegen die gewerblichen Rohölbestände nur um 2,4 Mio. Barrel gegenüber der Vorwoche. Das spricht für eine knappe Versorgung. Dafür legten nun erstmals die Heizöl/Diesel-Vorräte um 4,2 Mio. Barrel zu. Das ist ein kräftiger Anstieg, aber es bleibt dabei, dass die USA mit sehr niedrigen Vorräten in den Winter geht.
Der Anstieg der Vorräte für Mitteldestillate (Heizöl/Diesel) drückt dennoch auf die Heizölpreise auf beiden Seiten des Atlantiks, zumal China gestern höhere Exporte in dieser Produktkategorie angekündigt hat. Prompt fielen die Gasoil-Preise auch in Rotterdam.
Hier die Zahlen der Wochenberichte von DOE und API und die Veränderungen gegenüber der Vorwoche:
Rohöl: +2,4 Mio. Barrel (DOE) bzw. +6,0 Mio. Barrel (API)
Heizöl und Diesel: +4,2 Mio. Barrel (DOE) bzw. +1,8 Mio. Barrel (API)
Benzin: -1,8 Mio. Barrel (DOE) bzw. -3,2 Mio. Barrel (API)
Ölproduktion: 12,1 Mio. Barrel pro Tag (2,0 Mio. über Vorjahreswert)
Nachfrage (4-Wochen-Durchschnitt): 19,7 Mio. Barrel pro Tag (1,5 Mio. unter Vorjahreswert)
Zum Handelsstart in Europa treten die Ölpreise erst einmal auf der Stelle. Die Nordseesorte Brent kostet aktuell 93,76 US-Dollar je Barrel . Die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) steht bei 88,25 US-Dollar je Barrel . Rotterdamer Gasoil notiert bei 968,25 Dollar je Tonne . Der US-Dollar ist 1,0036 Euro wert . Damit steht der Euro bei 0,9960 Dollar . Die Pfeile zeigen die Veränderung der Preise im Vergleich zum gestrigen Handelsauftakt.
Nationaler Markt
Die Heizölpreise geben heute kräftig nach. Die Heizölpreis-Tendenz zeigt am Morgen einen landesweiten Durchschnittspreis von 153 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter). Das liegt immerhin 10 Prozent unter dem Sommerhoch von Ende August. Vor allem der Einbruch der Rotterdamer Gasoil-Preise drückt auf die Heizölpreise. Gasoil ist das Vorprodukt der Raffinerien für Heizöl und Diesel. Die Notierungen fielen in den letzten Wochen um über 20 Prozent.
Der Preisrückgang gilt für viele Verbraucher als Kaufsignal. Die Bestellaktivität liegt auf dem höchsten Wert seit Monaten. Das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, steht dazu passend wieder auf der Stufe “Hoch”. Ein sehr hoher Anteil der Voten von 84% setzt in der täglichen Lesereinschätzung auf einen weiteren Rückgang der Heizölpreise.
Die weitere Entwicklung hängt jedoch nicht zuletzt von den Gaspreisen ab. Durch den Wechsel von Erdgas zu Öl könnte der Heizölbedarf in Deutschland um bis zu einem Drittel steigen, so schätzen Verbände. Die Zusatzmenge könnte 2,5-5 Mio. Tonnen pro Jahr ausmachen. Üblicherweise werden landesweit um die 14 Mio. Tonnen Heizöl verbraucht. Die neue Nachfrage kommt vor allem aus der Industrie und dem Gewerbe, wobei die hohen Bestellmengen die meisten Heizölhändler überfordern. Die Industrie versorgt sich daher direkt bei den Raffinerien oder bei Großhändlern.
Daher gilt nach wie vor: Nichts ist billiger als Heizöl, das nicht verbrannt werden muss. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch und überdenken Sie Ihr Heizverhalten und Ihre Heizlösung. Die Verbraucherzentralen halten zahlreiche nützliche Tipps bereit. Das senkt die Kosten und schont Klima und Umwelt.