Internationaler Markt
Die Ölbörsen erlebten gestern einen lawinenhaften Ausverkauf. Brent-Rohöl sank am Nachmittag in wenigen Stunden von 81 auf 77 Dollar je Barrel. Die Medien bemühen sich, realwirtschaftliche Gründe für das Geschehen zu finden: Der eher neutrale US-Wochenbericht vom Mittwoch gilt nun plötzlich als bärisch, die Wirtschaft in den USA und in China sei stark angeschlagen, die Ölnachfrage daher sehr schwach.
Tatsache ist jedoch, dass diese Argumente stark übertrieben oder schon seit längerem bekannt sind. Vielmehr sorgte eine Reihe moderat schwacher Konjunkturdaten aus den USA, die sich aber im Rahmen des Üblichen bewegten, am Nachmittag für schlechte Stimmung. Verkäufe setzten ein. Meldungen, dass Washington iranische und russiche Ölexporte energischer sanktionieren will, wurden ignoriert.
Der Ausverkauf war daher vor allem „technischer“ Natur. Beliebte arithmetische Indikatoren (z.B. 200-Tage-Durchschnittspreise), die von Kaffeesatzleserei kaum zu unterscheiden sind, wurden unterschritten. Viele Trader, die sich vor allem mangels eigener Marktexpertise an solchen Zahlen orientieren, verkauften. Algorithmisch gesteuerte Hedgefonds, die es an den Ölbörsen in großer Zahl gibt, erkannten den Trend und verstärkten ihn enorm. Eher neutral gestimmte Trader wollten ihre Gewinne sichern bzw. ihre Verluste begrenzen und verkauften ebenfalls. Das Ergebnis war eine Verkaufslawine, wie sie die Ölbörsen regelmäßig ein- oder zweimal pro Quartal erleben.
Der Ausverkauf sorgt nun dafür, dass die Ölpreise die vierte Woche in Folge fallen. Die Stimmung ist angeschlagen. Die Analysten werden nachziehen und ihre Preisprognosen für die nächsten Monate senken. Die Investmentbanken hinken deutlich hinterher. Sie erwarten im Durchschnitt noch immer Preise von über 90 Dollar je Barrel bis zum Jahresende.
Das unerwartet niedrige Preisniveau wird die Weltwirtschaft entlasten, aber die Schatullen in den Petrostaaten leeren. Am 26. November treffen sich die OPEC+ Kartellstaaten. Eine Rücknahme der Förderkürzungen ist vom Tisch. Auch die zusätzlichen Produktionskürzungen in Saudi-Arabien werden wohl verlängert. Riad hat sich in eine Sackgasse manövriert, denn der Alleingang hat sich nicht ausbezahlt. Die Kombination aus geringen Exportmengen und niedrigen Preisen drückt auf die Staatseinnahmen und damit auf die Finanzierung der Megaprojekte im Wüstenstaat.
Heute Morgen wirken die Ölbörsen erst einmal wie gelähmt. Die Preise sind nur wenig von den gestrigen Schlusskursen entfernt. Brent-Rohöl kostet heute zum Handelsstart 77,62 US-Dollar je Barrel . Die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) steht bei 73,13 US-Dollar je Barrel . Rotterdamer Gasoil notiert bei 783,25 Dollar je Tonne . Der US-Dollar ist 0,9227 Euro wert . Damit steht der Euro bei 1,0835 Dollar . Die Pfeile zeigen die Veränderung der Preise im Vergleich zum gestrigen Handelsauftakt.
Nationaler Markt
Die Heizölpreise folgen dem Ausverkauf an den Ölbörsen. Die Heizölpreis-Tendenz zeigt am Morgen einen landesweiten Durchschnittspreis von unter 105 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter). Damit wird zumindest heute ein großer Teil des Kostenrückgangs an die Kunden weitergegeben.
Die Bestellzahlen sind in dieser Woche bereits hoch. Der aktuelle Preis wird das Kaufinteresse wohl noch zusätzlich beleben. So manche Lieferung rutscht dadurch ins nächste Jahr und wird deshalb mit den höheren CO2-Abgaben belastet.
Der Markt ist trotzdem nach wie vor lebendig. Das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, hält sich auf einer hohen Stufe. Dasselbe gilt für die Markterwartungen der Verbraucher. Wie schon gestern setzen in der täglich erhobenen Lesereinschätzung fast 80 Prozent der Stimmen auf weiter sinkende Heizölpreise.
Damit lag die Schwarmintelligenz der Heizölkundschaft in dieser Woche richtig. Trotz der Marktrisiken und der robusten Ölnachfrage weltweit geben die Preise nach. Wer vor einem leeren Tank steht, sollte jetzt die Gunst der Stunde nutzen.
In jedem Fall gilt jedoch: Nichts ist billiger und klimaschonender als Heizöl, das nicht verbrannt wird. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch und überdenken Sie Ihre aktuelle Heizlösung, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der globalen Klimakrise und der demnächst wieder steigenden CO2-Abgaben. Die Verbraucherzentralen halten zahlreiche Tipps und Empfehlungen bereit.