Internationaler Markt
Öl ist tendenziell ein knappes Gut. Deshalb sorgt jede Meldung über zusätzlich produzierte Mengen für Erleichterung. Im Fall der OPEC und seiner Alliierten werden zwar regelmäßig entsprechende Ankündigungen geliefert. Realisiert wurde davon allerdings wenig. Deshalb können die Beschlüsse der Gruppe die Preise nicht mehr bewegen. Ähnlich sieht es im Fall Libyens aus. Dort steht die Ölindustrie unter Dauerstörung durch politische Unruhen. Die Ankündigung, dass die Lage mit einem neuen Chef der National Oil Corporation (NOC) signifikant besser werden wird, lockt niemanden mehr hinter dem Ofen hervor. Und auch die Atomgespräche mit dem Iran, die das per US-Sanktion geblockte Öl des Landes bei einem positiven Verlauf zurück in den Markt bringen würden, gelten mittlerweile als notorisch erfolglos.
Anders verhält es sich mit der Schieferölproduktion in den USA. Ihr Wiederaufbau nach dem Corona-Einbruch verläuft zwar alles andere als dynamisch aber immerhin stetig. In diesem Monat wird man eine Tagesleistung von fast neun Millionen Barrel erreichen. Das ist ein Anstieg von über zwei Millionen Barrel seit dem Produktionstief im Mai 2020. Im kommenden Monat wird der vor-coronale Produktions-Peak dann wohl eingestellt werden. Das verschafft dem Land Versorgungssicherheit und dem globalen Ölmarkt tatsächlich etwas Entspannung.
Für Preise, die die amerikanische Autofahrerseele besänftigen könnten, reicht das Schieferölplus allerdings nicht aus. Deshalb müht sich die Regierung um weitere Maßnahmen. Die Reise Joe Bidens in den Nahen Osten war eine solche. Eine andere ist ein Preisdeckel für russisches Öl. Neben einem allgemein preisdämpfenden Effekt erhofft man sich davon, die sogenannten Windfall-Gewinne, die Russland aufgrund des knappen Angebots und des Ölboykotts der EU derzeit einfährt, zu reduzieren. US-Finanzministerin Janet Yellen, die wenig begeistert über den Ölboykott der EU ist, warb anlässlich eines Treffens von 20 Finanzministern und -ministerinnen für Mitspieler beim Projekt Preisdeckel. Als wichtigster Partner wird Indien, einer der größten Ölverbraucher weltweit, adressiert. Das Land ist aktuell ein Profiteur des EU-Boykotts gegen russisches Öl. Grundsätzlich stehe man der Idee dennoch nicht feindselig gegenüber, heißt es in einer Stellungnahme.
Unterdessen spitzt sich die Lage am Gasmarkt mit einer rückwirkenden Force Majeure Erklärung Russlands gegenüber einem europäischen Kunden zu. Sie bezieht sich auf Lieferungen über die Nordstream 1 Leitung. Damit will sich Moskau vor Schadensersatzansprüchen bei Nichterfüllung des Liefervertrags schützen. Mangelnde Gaslieferungen werden den europäischen Ölmarkt zusätzlich belasten, weil viele große Verbraucher den Energieträger wechseln können und werden.
In ihrer Krisenvorbereitung auf den Winter sucht die EU-Kommission derweil alternative Bezugsquellen für Gas. Präsidentin Ursula von der Leyen brach gestern zusammen mit Energiekommissarin Kadri Simson nach Aserbaidschan auf und kommentierte ihre Geschäftigkeit bigott «Nachdem Russland seine Energielieferungen zunehmend als Waffe einsetzt, ist die Diversifizierung unserer Energieimporte eine Priorität für die EU».
Unabhängig von zunehmenden Wintersorgen in Europa zeigen sich hier und da Bremsspuren der Ölnachfrage. Sie vermögen die Preise temporär zu dämpfen. Das sieht man heute Morgen an den Gasölnotierungen. Sie waren zuvor besonders stark gestiegen, weil zusätzlich zur Lage am Rohölmarkt Raffineriekapazitäten fehlen, die in der Corona-Krise weggebrochen sind. Die Rohölnotierungen steigen indes aufgrund des übergeordneten Krisen- und Mangelbewusstseins.
Das Barrel WTI (West Texas Intermediate) wird aktuell zu 103,08 Dollar und das Barrel Brent zu 106,62 Dollar gehandelt. Die Tonne Gasöl kostet 1.087,25 Dollar . Der US-Dollar kostet 0,9823 Euro . Damit kostet der Euro 1,0180 Dollar . Die Pfeile hinter den Zahlen geben die Veränderung zum Handelsauftakt des Vortages an.
Nationaler Markt
Die Heizölpreise geben weiter moderat nach, wie der aktuellen Heizölpreis-Tendenz zu entnehmen ist. Der Aufwärtstrend bleibt gleichwohl auf unabsehbare Zeit intakt. Zu den preistreibenden externen Einflüssen kommt die Lage auf den deutschen Wasserstraßen hinzu. Sinkende Pegelstände treiben die Frachtkosten in die Höhe. Auch dieses Phänomen wird uns einige Zeit begleiten.
Im Binnenmarkt gehen die Bestellungen für Heizöl zurückhaltend ein. Die gestiegenen Preise bremsen den in Vorbereitung auf den Winter entstandenen Kaufanreiz. Viele Verbraucher scheinen zuversichtlich, dass die Preise demnächst günstiger sein werden. Unser Schwarm-O-Meter für Heizöl, das die Käufe der Kunden ins Verhältnis zu ihren Preisanfragen setzt, und die Lesereinschätzung zur Preisentwicklung zeigen die Befindlichkeit der Kunden entsprechend an. Das eine steht heute Morgen auf mittlerem Niveau für die Kaufintensität, das andere auf einem relativ ordentlichen Mehrheitswert für die Erwartung auf fallende Heizölpreise.
Unser Satz an alle Unentschlossenen lautet: Beobachten Sie die Preisentwicklung eng, um bei kurzfristigen Vergünstigungen handeln zu können.
Klarstellung: Seit einiger Zeit nehmen wir Missverständnisse der öffentlichen Meinung über die Zukunft der Ölheizung wahr. Deshalb möchten wir darauf hinweisen, dass das Heizen mit Öl durch den Gesetzgeber nicht verboten ist, weder jetzt noch in Zukunft und auch nicht ab 2026. Ab dem Jahr müssen neue Ölheizungen lediglich mit einem regenerativen Anteil ausgestattet sein, beispielsweise mit Solarkollektoren für die Erwärmung von Brauchwasser. Weitere Informationen.
Im Übrigen sind wir mehr denn je der Meinung, dass wir alle verbrauchsreduzierende Maßnahmen und Verhaltensweisen entwickeln müssen, um zukunftsfähig zu sein.