Internationaler Markt
Die EU hat gestern ihr sechstes Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet. Der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche bleibt auf Drängen Ungarns von den Sanktionen verschont. Damit war der Weg frei für die Einigung.
Die Folgen werden nicht sofort spürbar sein. Das Importverbot für russisches Rohöl per Tanker tritt erst in sechs Monaten in Kraft. Das Importverbot für russische Ölprodukte in acht Monaten. Das Pipelineöl aus Russland wird voraussichtlich noch länger fließen, aber Deutschland und Polen wollen das Druschba-Pipelineöl bis zum Jahresende freiwillig stoppen.
Die Folgen für die russische Ölwirtschaft sind erheblich. Immerhin muss Moskau dann für 40% seines Exportöls neue Abnehmer suchen. Indien und China werden einen Teil übernehmen, wenn auch nur mit enormen Rabatten. Für den Rest wird Russland wohl keine Lösung finden, zumal viele europäische Kunden schon ab dem Sommer neue Lieferanten suchen werden. Da bleibt Rosneft & Co. nur die Stilllegung von Förderstellen. Viele davon werden aus geologischen Gründen für immer versiegen.
Auch das OPEC-Meeting lief nur zum Teil im Sinne Russlands. Das Kartell hebt die Förderquoten stärker an als bisher. Monatlich können jetzt zusätzlich 648.000 Barrel pro Tag auf den Markt fließen. Bisher waren es 432.000 Barrel pro Tag. Die Saudis signalisieren mit dieser eher bescheidenen Anhebung ein Kompromissangebot: Sie stoßen damit Russland nicht vor den Kopf, kommen aber gleichzeitig den USA entgegen. Die saudisch-amerikanischen Beziehungen waren nach der staatlich angeordneten Ermordung des Journalisten Khashoggi im Jahr 2018 stark abgekühlt. Nun können die Saudis sogar auf einen Besuch Bidens hoffen.
Neue Zahlen aus den USA zeigen jedoch, dass eine Entspannung im Ölmarkt nicht in Sicht ist. Die Rohöllager schrumpfen deutlich stärker als erwartet um 5,1 Mio. Barrel gegenüber der Vorwoche. Auch bei den Produkten gibt es keine Entspannung. Hier der Wochenbericht des amerikanischen Energieministeriums (DOE) und die Vergleichszahlen des Branchenverbandes API im Überblick:
Rohöl: -1,2 Mio. Barrel (API) bzw. -5,1 Mio. Barrel (DOE)
Heizöl und Diesel: +0,9 Mio. Barrel (API) bzw. -0,5 Mio. Barrel (DOE)
Benzin: -0,3 Mio. Barrel (API) bzw. -0,7 Mio. Barrel (DOE)
Ölproduktion: 11,9 Mio. Barrel pro Tag (1,1 Mio. über Vorjahreswert)
Nachfrage (4-Wochen-Durchschnitt): 19,5 Mio. Barrel pro Tag (0,6 Mio. über Vorjahreswert)
Auch makroökonomisch spricht im Moment einiges für höhere Ölpreise: Die Lockdowns in Peking und Shanghai werden schrittweise aufgehoben. Der Ölverbrauch im Verkehr könnte daher bald wieder steigen. In den USA wiederum macht sich die Hoffnung breit, dass die Zinswende eventuell glimpflicher als befürchtet ablaufen wird. Auch wird immer deutlicher, dass sich die amerikanischen Autofahrer von den Rekordpreisen an den Tankstellen nicht abschrecken lassen. Der Ölverbrauch bleibt hoch.
Die Ölpreise ziehen trotz der OPEC-Entscheidung deutlich an. Nordseesorte Brent kostet aktuell 117,48 US-Dollar je Barrel . Die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) steht bei 116,59 US-Dollar je Barrel . Rotterdamer Gasöl notiert bei 1288,00 Dollar je Tonne . Der US-Dollar ist 0,9297 Euro wert . Damit steht der Euro bei 1,0754 Dollar . Die Pfeile zeigen die Veränderung der Preise im Vergleich zum gestrigen Handelsauftakt .
Nationaler Markt
Die deutschen Heizölpreise folgen den internationalen Vorgaben. Die Heizölpreis-Tendenz zeigt einen landesweiten Durchschnittspreis von knapp 141 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter). Das sind knapp 2 Euro mehr als gestern und der höchste Wert seit Ende März. Zum Vergleich: Vor einem Jahr kostete Heizöl nur 66 Euro je 100 Liter.
Die Preise schrecken die Verbraucher ab. Die Bestellmengen sind gering. Das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft der Heizölkunden nach Preisanfragen misst, zeigt die Unzufriedenheit der Interessenten. Auch die Hoffnung auf bessere Zeiten hält sich in Grenzen: Etwa zwei Drittel der Stimmen erwarten in der täglichen Lesereinschätzung fallende Preise. Das ist nur ein durchschnittlicher Wert.
Was tun? Im Ölmarkt ist keine Trendwende in Sicht. Trotz der Rekordpreise an den Tankstellen und im Heizkeller bleibt die Nachfrage in Deutschland und weltweit unverändert hoch. Wer große Reserven hat, sollte daher auf einen günstigeren Moment warten.
Doch nichts ist billiger als eingespartes Heizöl: Entwickeln Sie verbrauchsreduzierende Maßnahmen und Verhaltensweisen, um Ihre Kosten zu senken und die Umwelt zu schonen.