Internationaler Markt
Die Rohölpreise kletterten gestern um über drei Prozent auf 100 Dollar je Barrel. Damit beendeten sie die kurze Schwächeperiode in der ersten Augusthälfte. Eine Erholung der Preise lag angesichts der vielen Versorgungsrisiken ohnehin in der Luft, aber der Startschuss kam aus Saudi-Arabien.
Dort ist man, vielleicht nach einem Blick auf die wahnwitzige Entwicklung der Gaspreise, mit dem Ölpreisniveau nicht mehr zufrieden. Der saudische Energieminister verwies gestern etwas vage auf Preisverzerrungen an den Ölbörsen und kündigte ebenso vage Produktionskürzungen des OPEC-Kartells an. Das löste vielerorts Kopfschütteln aus, da das Ölangebot des Kartells aktuell fast 3 Mio. Barrel pro Tag (über 3% des Weltölangebots) unter den vereinbarten Fördermengen liegt.
Der saudische Vorstoß kommt vor allem in Washington nicht gut an, denn Präsident Biden warb erst vor wenigen Wochen auf einer Goodwill-Tour in Saudi-Arabien für höhere Fördermengen. Doch das saudische Königshaus setzt offenbar auf die Allianz mit Russland und düpiert nun ganz offen die USA.
Auch die Atomverhandlungen des Westens mit dem Iran spielen dabei offenbar eine Rolle. Die Europäer geben sich einmal mehr optimistisch, aber aus Teheran kommt keine klare Stellungnahme und Washington schweigt. Zumindest mit Worten, denn in den letzten Tagen haben sie in Syrien erneut Stellungen der iranischen Revolutionsgarden angegriffen. Im Osten Syriens sind US-Streitkräfte nach wie vor präsent, um die kurdischen Alliierten zu unterstützen. Kurz gesagt, es ist im Moment völlig unklar, ob oder wann es zu einer Einigung mit Teheran über die Entwicklung von Atomwaffen kommen kann.
Für die übrigen OPEC-Mitglieder und Russland wäre eine Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran allerdings eine Herausforderung, denn dann müssten sie die eigene Produktion drosseln, um die höheren iranischen Exporte preisschonend auf den Markt zu lassen.
Der zweite Preistreiber sind die Heizölpreise. Schon seit Wochen macht sich in Westeuropa der Mangel an Heizöl bemerkbar. Niedrige Pegelstände am Rhein und der Wechsel vom überteuerten Erdgas auf Heizöl sind dafür die wichtigsten Ursachen.
Doch jetzt könnte es auch in den USA zu einem Run auf den begehrten Brennstoff kommen. Die Erdgaspreise sprangen in dieser Woche auf ein Rekordhoch. Auch dort ist Erdgas mittlerweile fünf Mal teurer als vor wenigen Jahren, auch wenn das Preisniveau noch immer weit unter dem der EU liegt.
Die Lagerbestände für Heizöl, Rohöl und Benzin bekommen dadurch zusätzliche Relevanz. Vorabschätzungen des Branchenverbandes API deuteten gestern auf einen überraschend starken Abbau der Rohölvorräte in den USA und leichte Zuwächse bei Diesel/Heizöl. Am heutigen Nachmittag werden wie üblich die verlässlicheren offiziellen Daten veröffentlicht.
Bis dahin halten sich die Händler erst einmal zurück. Die Nordseesorte Brent kostet aktuell 100,24 US-Dollar je Barrel . Die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) steht bei 93,86 US-Dollar je Barrel . Rotterdamer Gasöl notiert bei 1136,00 Dollar je Tonne . Der US-Dollar ist 1,0049 Euro wert . Damit steht der Euro bei 0,9950 Dollar . Die Pfeile zeigen die Veränderung der Preise im Vergleich zum gestrigen Handelsauftakt.
Nationaler Markt
Die Heizölpreise steigen jetzt schon die dritte Woche in Folge. Der Trend bei den Rohölpreisen spielt dabei kaum noch eine Rolle. Heute kostet Heizöl knapp 163 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter). Die Heizölpreis-Tendenz zeigt einen klaren Aufwärtstrend seit Anfang April, als der Brennstoff noch etwa 120 Euro kostete.
Die Zahl der Bestellungen ist nach wie vor hoch. Das Preisniveau kann kaum noch jemanden abschrecken. Das zeigt sich auch beim Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst. Die Stufe “Hoch” verdeutlicht, dass taktisches Abwarten im Moment keine Konjunktur hat. Der Preisoptimismus nähert sich einem Rekordtief. Nur noch 47% der Voten in der täglichen Lesereinschätzung können sich einen baldigen Rückgang der Heizölpreise vorstellen.
Kein Wunder, denn die Preisrisiken sind unübersehbar. Ein Blick in den benachbarten Gasmarkt zeigt, was Panik ist. Dort haben sich die Großhandelspreise seit dem Frühjahr 2021 glatt verzehnfacht. Die Vorsorge für den Winter sollte daher im Moment die höchste Priorität sein.
Generell gilt jedoch: Nichts ist billiger als Heizöl, das nicht verbrannt werden muss. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch und überdenken Sie Ihr Heizverhalten und Ihre Heizoptionen. Die Verbraucherzentralen halten zahlreiche nützliche Tipps bereit. Das senkt die Kosten und schont Klima und Umwelt.