Internationaler Markt
Die Ölversorgung ist und bleibt eine enge Angelegenheit. Die Aussichten auf Besserung sind dürftig, aber nun liegt eine positive Überraschung in der Luft. Nach der freundlichen US-amerikanischen Bewertung des finalen Vertragstextes für ein neues Atomabkommen lässt nun auch der Iran seine Zustimmungsbereitschaft durchblicken. Der Text sei viel besser als alle anderen Vertragsangebote der letzte acht Monate, lässt Teheran verlauten. Eine endgültige Entscheidung werde man allerdings in Ruhe abwägen. Man hätte schließlich eine dunkle Vergangenheit mit Vertragsbrüchen des Westens hinter sich.
Nach diversen gescheiterten Versuchen hatte niemand mehr ernsthaft mit der Möglichkeit einer solchen Wendung gerechnet. Sollte ein Abkommen tatsächlich zustande kommen, könnten binnen sechs Monaten 1,0 bis 1,5 Mio. Barrel Rohöl pro Tag zusätzlich auf den Markt gelangen. In die gleiche Kerbe schlägt die Zusage Amin Nassers, Vorstandsvorsitzender des größten Ölkonzerns der Welt, Saudi Aramco, die Rohölförderung im Winter bei Bedarf auf 12 Mio. Barrel täglich zu steigern. Das wäre ein Plus von rund 1,3 Mio. Barrel pro Tag. Neben diesen mittelfristig effektiv werdenden Perspektiven kommt aus den USA die Meldung, dass die Ende letzter Woche geschlossenen Öl- und Gasplattformen vor der Südküste der USA wieder in Betrieb genommen werden konnten.
Scheint also wieder Licht am Ende des Tunnels? Mitnichten! Die Ölproduktion ist nach Schätzung der Internationalen Energie Agentur (IEA) seit Juli wieder auf dem vor-coronalen Stand. Daran ändern selbst die umfassenden Sanktionen gegen russisches Öl nichts. De facto fehlen dem Markt dadurch lediglich 0,6 Mio. Barrel pro Tag. Die Luft nach oben ist also ohnehin dünn. Die Nachfrage wird aber wegen steigenden Ersatzbedarfs aufgrund der Gaskrise in Europa und der zu erwartenden Rückkehr des durch Locksdowns eingeschränkten chinesischen Öldursts kurz- und mittelfristig steigen. Ein beruhigendes Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage ist allein aus diesen beiden Gründen nicht in Sicht. Hinzu kommt die gewöhnliche Nachfragesteigerung infolge des globalen Wirtschaftswachstums.
Das kurzfristig schwerwiegendere Problem liegt allerdings auf der Veredelungsseite. Die Raffineriekapazitäten sind derzeit zu knapp, um hinreichende Mengen an Ölprodukten auf den Markt zu bringen. Diese Kapazitäten werden in den kommenden Wochen noch knapper, weil die saisonalen Wartungsarbeiten anstehen. Üblicherweise haben die Unternehmen für diese Phase Puffer angelegt, die während der Abschaltungen für Ersatz sorgen. Diese Bestandsaufbauten sind in diesem Jahr viel zu gering. Wir leben bereits zu lange von strategischen und gewerblichen Kraft- und Brennstoffreserven. Deshalb werden die Preise bald wieder steigen und zwar solange, bis sie substanziell Nachfrage vernichtet haben. Das neue Marktgleichgewicht wird also vermutlich nicht über ein Mehr an Öl und Ölprodukten, sondern über eine Reduktion der Nachfrage entstehen.
Von dem zu erwartenden Preisanstieg ist heute Morgen noch nichts zu sehen. Die Ölnotierungen an den Börsen geben nach. Die jüngste Aufwärtskorrektur lässt Gasöl, Vorprodukt für Heizöl, dabei etwas mehr Spielraum nach unten als Rohöl.
Das Barrel WTI (West Texas Intermediate) wird aktuell zu 90,67 Dollar und das Barrel Brent zu 96,67 Dollar gehandelt. Die Tonne Gasöl kostet 1016,50 Dollar . Der US-Dollar kostet 0,9762 Euro . Damit kostet der Euro 1,0242 Dollar . Die Pfeile hinter den Zahlen geben die Veränderung zum Handelsauftakt des Vortages an.
Nationaler Markt
Die Heizölpreise bewegen sich moderat abwärts, wie der aktuellen Heizölpreis-Tendenz zu entnehmen ist. Der Impuls dafür kommt vom Weltmarkt. Aus dem Binnenmarkt kommen ganz andere Signale, die preismindernde Vorgaben des Weltmarkts zunehmend dominieren werden. Hierzulande steht einer hohen Nachfrage ein zu geringes Angebot gegenüber, dessen Ungleichgewicht sich in den kommenden Monaten verstärken wird. Es entstammt der Verbraucherneigung Krisenvorräte anzulegen und der historisch schlechten Situation auf den Wasserstraßen. Die Umstände sind nicht typisch deutsch. In den Nachbarländern ist die Lage ähnlich.
Der Zustrom von Öl ist aufgrund der globalen Angebotslage ohnehin alles andere als üppig. Im Winter wird er mit dem EU-Boykott gegen russisches Öl zusätzlich dezimiert. Das knappe Öl gelangt darüber hinaus immer schwieriger an die weiteren Verteilzentren, die Tanklager, weil Flüsse und Kanäle, auf denen es transportiert wird, kaum noch schiffbar sind. Es handelt sich um ein ähnliches Trockenheitsproblem wie im Herbst und Winter 2018/19 mit dem Unterschied, dass es viel früher als damals begann. Üblicherweise sinken die Pegelstände erst spät im Jahr. Wenn dem aktuellen Kleinwasser die übliche Saisonalität folgen sollte, wären temporäre Versorgungsstillstände die unweigerliche Konsequenz.
Die Gemengelage würde die Heizölpreise vollständig vom Weltmarkt entkoppeln und in unbekannte Höhen führen. In Teilen ist die Entkopplung bereits heute Realität. Die Frachtkosten für Heizöl, Diesel und Benzin sind mit zunehmender Entfernung von den Küsten bereits heute so teuer wie nie zuvor. 2015 führte Kleinwasser zeitweilig zu 3,6-fach höheren Kosten, 2018 betrug der Kleinwasser-Faktor bereits 5,4 und heute liegt er bei 6,2. Es handelt sich hierbei nicht um ein Reibach-Phänomen nimmersatter Kaufleute, wie von aufgebrachten Ölheizern bisweilen orakelt wird, sondern um die preisgewordene Folge einer naturbedingten Infrastrukturstörung, die höchstwahrscheinlich unserem Ressourcenverbrauch als Folge bedingungsloser Konsumtreue geschuldet ist.
Die Heizölbestellungen gehen trotz oder wegen der genannten Probleme recht rege ein. Jeder nachgebende Preis beflügelt den allgemeinen Drang zur Wintereindeckung. Die Hoffnung auf noch günstigeres Heizöl sinkt derweil. Unser Schwarm-O-Meter für Heizöl, das die Käufe der Kunden ins Verhältnis zu ihren Preisanfragen setzt, und die Lesereinschätzung zur Preisentwicklung zeigen die Befindlichkeit der Kunden entsprechend an. Das eine steht heute Morgen auf hohem Niveau für die Kaufintensität, das andere auf einem dürftigen Mehrheitswert für die Erwartung auf fallende Heizölpreise.
Unser Satz an alle Unentschlossenen lautet: Wenn Sie Heizöl benötigen, sollten Sie präventiv kaufen. Es muss ja keine komplette Füllung des Tanks sein.
Klarstellung: Seit einiger Zeit nehmen wir Missverständnisse der öffentlichen Meinung über die Zukunft der Ölheizung wahr. Deshalb möchten wir darauf hinweisen, dass das Heizen mit Öl durch den Gesetzgeber nicht verboten ist, weder jetzt noch in Zukunft und auch nicht ab 2026. Ab dem Jahr müssen neue Ölheizungen lediglich mit einem regenerativen Anteil ausgestattet sein, beispielsweise mit Solarkollektoren für die Erwärmung von Brauchwasser. Weitere Informationen.
Im Übrigen sind wir mehr denn je der Meinung, dass wir alle verbrauchsreduzierende Maßnahmen und Verhaltensweisen entwickeln müssen, um zukunftsfähig zu sein.