Internationaler Markt
Auf das gestrige Jahreshoch reagierten viele Trader spontan erst einmal mit Gewinnmitnahmen. Je näher die 100-Dollar-Marke rückt, desto nervöser werden die Hedgefonds. Aber schon bei 95 Dollar setzten die Käufe wieder ein.
Neue Daten zum chinesischen Ölverbrauch stützen den Preistrend in dieser Woche. Die Flugbuchungen zur anstehenden Urlaubswoche („Golden Week“) sind 20 Prozent höher als im Jahr 2019, also noch vor der Corona-Pandemie. Auch aus der Industrie kommen Umfragewerte, die zumindest eine Stabilisierung der Lage vermuten lassen.
Noch robuster wirkt im Moment die amerikanische Volkswirtschaft. Das dritte Quartal scheint deutlich besser auszufallen als das zweite. Die Löhne steigen und der Konsum wächst, trotz der steigenden Zinsen.
Da USA und China zusammen schon fast die Hälfte der globalen Weltwirtschaft darstellen, wird der weltweite Ölverbrauch in diesem Jahr wohl einen neuen historischen Höchstwert erreichen. Im vierten Quartal werden 103 Mio. Barrel pro Tag erwartet. Allerdings liegt das Angebot 1-2 Mio. Barrel pro Tag darunter. Der Abbau der Lagerbestände geht also weiter. Die Ölpreise werden dann eher steigen als fallen.
Am 4. Oktober treffen sich die Vertreter des Ölkartells OPEC+. Mit Spannung warten die Beobachter vor allem auf Signale aus Saudi-Arabien. Riad hatte den Preisanstieg durch zusätzliche, über die OPEC-Beschlüsse hinausgehende Förderkürzungen beschleunigt. Die Rechnung ist bisher aufgegangen: 10% weniger Öl, 30% höhere Preise seit dem Sommer.
Der immer höhere Ölverbrauch – bei Gas und Kohle ist die Lage nicht besser – hebelt die Bemühungen der internationalen Klimapolitik auch in diesem Jahr aus. Die Internationale Energieagentur (IEA) stellte in diesen Tagen ihre Net-Zero-Roadmap vor. Wenn die Klimakrise auch nur ansatzweise entschärft werden soll, muss der Ölverbrauch rasch fallen.
Die Ölkonzerne sind davon nicht begeistert und gehen auf Gegenkurs. Immer offensiver verteidigen sie in diesem Jahr ihr Geschäftsmodell. Der französische Ölriese TotalEnergies kündigte direkt nach der IEA-Publikation an, seine Öl- und Gasproduktion stärker als bisher geplant auszubauen. Die Aktionäre jubelten. Der Aktienkurs stieg sofort an.
Aber in den Ölkonzernen rumort es. Erneut verließen zwei Manager in dieser Woche den Shell-Konzern und begründeten ihren Schritt in einem offenen Brief mit dem mangelnden Engagement des Konzerns bei der Energiewende. Wenige Tage davor wurde der CEO von BP völlig überraschend entlassen. Offiziell lag es an mehreren „unangemessenen“ Beziehungen innerhalb der Firma, die allerdings zum größten Teil schon seit Jahren bekannt waren. Inoffiziell spielte auch der Schlingerkurs des Konzerns eine wichtige Rolle. BP konnte sich zwischen Profitmaximierung im Ölbereich und Investitionen in die Energiewende nicht entscheiden. Dadurch brachte der CEO sowohl die Aktionäre als auch die Klimaschutzgemeinde gegen sich auf.
Heute zum Handelsstart kostet Brent-Rohöl 95,05 US-Dollar je Barrel . Die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) steht bei 91,75 US-Dollar je Barrel . Rotterdamer Gasoil notiert bei 995,00 Dollar je Tonne . Der US-Dollar ist 0,9443 Euro wert . Damit steht der Euro bei 1,0590 Dollar . Die Pfeile zeigen die Veränderung der Preise im Vergleich zum gestrigen Handelsauftakt.
Nationaler Markt
Trotz der Gewinnmitnahmen im Rohölmarkt bleiben die Heizölpreise auf dem gestrigen Jahreshoch. Die Heizölpreis-Tendenz zeigt am frühen Morgen einen landesweiten Durchschnittspreis von über 115 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter).
Vor allem die Preise für Gasoil, das Vorprodukt der Raffinerien für Diesel und Heizöl, sind dafür verantwortlich. Gegen den Trend legen sie im Moment weiter zu. Der etwas stärkere Euro kann diesen Effekt jedoch teilweise entschärfen.
Die hohen Preise bremsen nun erkennbar die Kauflust im deutschen Heizölmarkt. Die Zahl der Bestellungen geht schrittweise zurück, bleibt aber auf einem zumindest durchschnittlichen Niveau. Auch das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, fiel auf die mittlere Stufe zurück. Die Hoffnung auf demnächst attraktivere Preise ist dennoch gering. Wie schon in den letzten Tagen zeigt die tägliche Lesereinschätzung einen weit unterdurchschnittlichen Anteil von Preisoptimisten.
Optimismus war in den letzten Monaten in der Tat ein schlechter Ratgeber. Der Ölmarkt ist derzeit in den Händen des OPEC-Ölkartells. Noch ist unklar, ob sie das Risiko eingehen wollen, die Ölpreise auch weit über 100 Dollar je Barrel zu treiben. Wer demnächst ordern muss, steht also vor einer unangenehmen Wahl: Risiko oder Rekordpreise.
In jedem Fall gilt jedoch: Nichts ist billiger und klimaschonender als Heizöl, das nicht verbrannt wird. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch und überdenken Sie Ihre aktuelle Heizlösung, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der globalen Klimakrise und der demnächst wieder steigenden CO2-Abgaben. Die Verbraucherzentralen halten zahlreiche Tipps und Empfehlungen bereit.