Internationaler Markt
Die Ölpreise erlebten gestern den steilsten Rückgang seit einem Monat. Die amerikanische Zentralbank hat die Leitzinsen am Abend zwar wie erwartet nicht erhöht, aber ihr Zinsausblick war deutlich düsterer als erwartet. Die Fed rechnet jetzt mit einem Zinsniveau von 5,50-5,75 Prozent bis zum Jahresende. Die Märkte stellen sich daher auf weitere Zinsanhebungen im letzten Quartal ein.
Das belastet den Konjunkturausblick und damit die Prognosen zur Ölnachfrage. Gleichzeitig wird es für die Banken lukrativer, ihre Gelder bei der Zentralbank zu parken und nicht z.B. für spekulative Geschäfte zu verleihen. Dadurch wird es für Hedgefonds teurer, an Kredite zu kommen. Auch das belastet den Ölpreis.
Ein dritter Faktor ist der Währungseffekt. Die Dollar-Nachfrage steigt bei höheren Zinsen, weil Investoren aus aller Welt amerikanische Anleihen kaufen. Der Wert des Dollars steigt, was wiederum das dollarnotierte Öl für andere Währungsräume teurer macht und Ölkäufe bremst.
Prompt lösten gestern viele Trader ihre Wetten auf steigende Ölpreise auf. Brent-Rohöl sank unter 93 Dollar je Barrel. Noch ist unklar, ob das nur eine Denkpause Richtung 100 Dollar darstellt oder ob die Stimmung insgesamt kippt.
Im Zinstrubel spielte der übliche Wochenbericht zum amerikanischen Ölmarkt nur die zweite Geige. Die Rohölvorräte schrumpften im Vergleich zur Vorwoche um 2,1 Mio. Barrel. Das war weniger als erwartet. Dafür wurden aber auch die Lager der wichtigsten Produkte wie Diesel und Benzin abgebaut. Immer mehr Raffinerien gehen jetzt in die übliche Herbstpause, um Reparaturen durchzuführen und den Produktmix auf den Winter umzustellen. Dadurch sinken die Produktionsmengen.
Zusammen mit der wiederum recht starken Ölnachfrage wirkt der Bericht also eher preistreibend als preissenkend. Der eher untypische Anstieg der Lagermengen, der in der letzten Woche gemeldet wurde, war anscheinend eher ein Ausrutscher. Im Trend schrumpfen die Lagermengen in den USA.
Hier die gestern gemeldeten Veränderungen im amerikanischen Ölmarkt im Vergleich zur Vorwoche. Die Zahlen stammen aus den Wochenberichten des Energieministeriums (DOE) und des Branchenverbandes der Ölindustrie (API):
Rohöl: -2,1 Mio. Barrel (DOE) bzw. -5,3 Mio. Barrel (API)
Heizöl und Diesel: -2,9 Mio. Barrel (DOE) bzw. -0,3 Mio. Barrel (API)
Benzin: -0,8 Mio. Barrel (DOE) bzw. +0,7 Mio. Barrel (API)
Ölproduktion in den USA: 12,9 Mio. Barrel pro Tag (0,8 Mio. über Vorjahreswert)
Ölnachfrage in den USA (4-Wochen-Durchschnitt): 20,9 Mio. Barrel pro Tag (1,3 Mio. Barrel über Vorjahresniveau)
Die Ölpreise starten den europäischen Handel mit deutlichen Abschlägen. Brent-Rohöl kostet aktuell 92,76 US-Dollar je Barrel . Die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) steht bei 88,88 US-Dollar je Barrel . Rotterdamer Gasoil notiert bei 960,25 Dollar je Tonne . Der US-Dollar ist 0,9391 Euro wert . Damit steht der Euro bei 1,0646 Dollar . Die Pfeile zeigen die Veränderung der Preise im Vergleich zum gestrigen Handelsauftakt.
Nationaler Markt
Die Heizölpreis-Tendenz zeigt am Morgen einen landesweiten Durchschnittspreis etwas über 112 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter). Das liegt immerhin drei Prozent unter dem Jahreshoch aus der letzten Woche. Der Rückgang der Rohölpreise macht sich also bemerkbar, aber der starke Dollar bzw. der schwache Euro verwässern diese Entlastung.
Kurzfristige Preistrends spielen für die Verbraucher jedoch keine große Rolle. Seit einem Monat liegt die Zahl der Bestellungen ebenso konstant wie deutlich über dem Durchschnitt. Der deutsche Heizölmarkt bleibt sehr aktiv, allerdings ohne in eine Kaufpanik zu verfallen.
Das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, steht abwechselnd auf einer mittleren oder wie heute auf der zweithöchsten Stufe. Der Optimismus bleibt ebenfalls gedämpft: Aktuell setzen knapp 70% der Stimmen in der täglichen Lesereinschätzung auf einen Rückgang der Heizölpreise. Das ist ein durchschnittlicher Anteil.
In der Tat ist weiterhin Vorsicht angebracht. Der Dämpfer durch die Zinspolitik der USA könnte in wenigen Tagen verdaut sein. Dann werden die Ölproduzenten und Spekulanten erneut die 100-Dollar-Marke anpeilen. Wer in den nächsten Wochen ohnehin nachbestellen muss, sollte daher am Ball bleiben.
In jedem Fall gilt jedoch: Nichts ist billiger und klimaschonender als Heizöl, das nicht verbrannt wird. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch und überdenken Sie Ihre aktuelle Heizlösung, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der globalen Klimakrise und der demnächst wieder steigenden CO2-Abgaben. Die Verbraucherzentralen halten zahlreiche Tipps und Empfehlungen bereit.